Vorneweg: Wir werden keinerlei Daten der Accounts, denen wir folgten, die uns folgten oder mit denen wir teilweise aktiv interagierten, hier oder anderswo veröffentlichen, aber: Wir haben entsprechende Verläufe, Diskussionen, Nachrichten etc. natürlich gesichert. In einigen Fällen haben wir das Nötige bei den uns bekannten Dienst- und/oder Ermittlungsbehörden veranlasst, sprich, wir haben dazu die Veröffentlichungen gesichert und an diese weitergeleitet.
Es gab kein Ziel, wir wollten nur mal schauen, wie schwer es würde, die sogenannte #CopBubble auf Twitter und nebenbei ein wenig bei FB und Insta zu "infiltrieren".
Spoiler: Es war leichter als gedacht.
Ganz besonders neugierig waren wir allerdings, ob es schwierig sei, bei den sog. Schlossaccounts reinzukommen und zu gucken, was die so machen.
Spoiler: Das war kinderleicht, wir waren überrascht.
Womit wir rechneten und worauf wir uns (durch vorangegangene "Tests") einstellten, war die Mutmaßung, dass mehr im "Hintergrund" von Twitter, also via DM, geschehen würde als offen in Tweets.
Spoiler: Ja, und es gab keinen Unterschied zwischen offenen und Schlossaccounts.
Ganz am Anfang stand Lesen, Lesen, Lesen und stilles Zuschauen: Wer folgt wem, wer interagiert in welche Richtung mit welchen Accounts, woher kommen Favs oder Zustimmungen als Reply?
Dazu wurden ganz normal bekannte Accounts ebenso genutzt wie sog. "getarnte Accounts", auch "U-Boote" genannt. Das Gleichnis passt daher ganz gut, weil wir uns zunächst wirklich wie auf Schleichfahrt befanden und nur beobachteten, aber selbst keinerlei Aktion zeigten.
Bereits in dieser Vorbereitungsphase fiel auf, dass diese #CopBubble keineswegs so kohärent ist, wie man angesichts des konzertierten Agierens dieser bei Hashtags wie #Polizeifamilie und #TBL vermuten würde. Auch eine wie auch immer geartete "Hierarchie" ließ sich nicht ausmachen, auch wenn einige Accounts als "Zentralknoten" betrachtet werden können. Dies aber nicht, weil sie eine "Führungsrolle" in Persona übernähmen, sondern vorrangig wegen des dort geposteten Contents, dessen Häufigkeit und insbesondere einer erkennbar klaren "Linie" dieser.
Bemerkenswert: Dabei handelt es sich nicht unmittelbar um Accounts von Cops, aber auf jeden Fall solche, die es verstehen, diese Zielgruppe anzusprechen. Vom Reisejournalisten bis zu einem Bild(*)-Reporter, der entsprechende Cop-Accounts regelmäßig taggt, ist da allerhand dabei.
(* - bewusst zweideutig)
An Cop-Accounts selbst sind es auffälligerweise auch weniger die offiziellen Accounts von Polizeilobbyorganisationen (Gewerkschaften/Berufsverbände), sondern eher die von deren "Funktionären", die eine treue Meute zum Applaudieren und Diskutieren um sich scharen.
Sehr häufig zeigt sich, dass die nicht herausragenden Accounts der #CopBubble zwar sehr oft in Diskussionen eintreten, diese aber seltener selbst einleiten. Häufig werden auch lediglich Medienmeldungen retweetet, bei denen auf die Wirkung der entsprechenden Schlagzeile an sich gesetzt wird. Vielleicht bereits mit dem Hintergrund, bei offener Kritik an der Verbreitung entsprechender Informationen zu sagen: "Aber es sind doch Berichte der Medien, ich habe das nur retweetet."
Die Art und die Themen dieser Medienberichte liegen nahe und können kurz zusammengefasst werden mit "Blaulichtmeldungen", dabei besonders Angriffe gegen Exekutivdienstkräfte, aber auch z.B. Rettungsdienstler (ein "Kameradschaftsbild" wird gemalt und geschmückt), "Probleme der Migration" (dargestellt als "objektive Sicht", die als "polizeiliche Erfahrung der Straße" und "tägliches Erleben" formuliert wird), darin einstimmend häufig das Beklagen von mangelndem Respekt vor Cops und gleichzeitigem Betonen eines hohen Vertrauensbonus für Cops in DE.
(Den inneren Widerspruch bemerken die Schreibenden nicht - es wird jeweils das gerade passende Fähnchen hochgehalten.)
Großen Raum nimmt in der #CopBubble das traditionelle und unkritische Hochhalten bestimmter Symboliken ein, sei es die bekannte #TBL, das international ausgerichtete (plakative) Trauern, oder die immer wieder bemühte Verbundenheit und "Kameradschaft", nicht nur zu anderen Einsatzkräften, sondern insbesondere zur Bundeswehr und zu Soldat*innen.
Das wurde auch für unseren Einstieg in die Bubble genutzt. Dazu gleich.
Auffällig (und zugegebenermaßen unserem vorgefassten Bild nicht entsprechend) ist, dass Berichte bekannter "rechter Medien" eher selten und wenn dann von eher kleinen, individuellen Cop-Accounts retweetet oder zustimmend kommentiert werden. Die Resonanz der großen Menge dazu fällt gering aus.
Dagegen oft zitiert und bemüht werden Publikationen aus der konservativen Ecke der deutschen Medienlandschaft, insbesondere natürlich Pro-Polizei-Beiträge. In gleichem Maße, aber massiv und lautstark Contra gebend, werden polizeikritische und Hierarchie und Organisation hinterfragende Beiträge mit Zeter & Mordio in unisono Einklang bedacht. Hier findet sich der stärkste "Zusammenhalt" in der öffentlichen Darstellung, geht es doch um das Selbst, das eigene Ansehen und das propagierte edle Selbstbildnis.
Nachdem wir einige Monate Accounts nur beobachtet hatten, wollten wir (wie in der Ankündigung zu diesem Thread beschrieben) versuchen, in die #CopBubble vorzudringen und antesten, wie viel nichtöffentliche Informationen sich erlangen ließen.
Zur Vorbereitung unseres dazu genutzten False-Flag-Accounts erarbeiteten wir für diesen eine sog. "Legende". Hier war es natürlich vorteilhaft, Polizeibehörden "von innen" zu kennen, Polizeisprech zu verstehen und Begriffe zu beherrschen - die sind nicht zwingend ein Geheimnis (vgl. https://fhsb.de/pPZS), aber mensch sollte sie sparsam bis spärlich einsetzen, denn unter Cops ist vieles Unausgesprochene nicht der Erklärung wert und bleibt unerörtert. Oder anders: Zuviel Erklären kann als prahlerisch auffallen.
Für unseren Account erfanden wir einen Mann, Mitte 30, angeblich gehobener Dienst im Posten- und Streifendienst (natürlich im Schichtdienst) bei der Landespolizei NRW.
Wieso NRW? Nun, ein Großteil der auf Twitter eher bemerkbaren Cops entstammt dieser Region, sei es bei der Landes- oder Bundespolizei.
Vorsicht Falle: Viele Laien - allerdings auch einige Cops selbst - schreiben oft die Kurzform "BuPol". Nein, die Bundespolizei wird als "BPol" abgekürzt. :-)
Getreu dem Motto einer Polizeigewerkschaft "Auch Mensch!" erhielt unser Honigtopf natürlich einige private Interessen. Fußball geht da immer gut und ein Malocherverein wie Schalke passt ja auch wegen BLAU-weiß.
Unser Mann war auch Twitterneuling - dazu gleich mehr.
Los ging es mit einem Handle, das einen Polizeibezug aufweist - auch da passte "Blau" ganz gut - und einem Header - was liegt näher als eine #ThinBlueLine als Bekenntnis übers Profil zu packen.
Jetzt hieß es, Twitterinteressen zu definieren.
Da bietet sich als erstes (siehe oben) auf jeden Fall etwas mit "Bundeswehr" an. Cops mögen Soldaten, Kameraden, Kameradschaft, Korps … Viele haben auch eine eigene BW-Vergangenheit.
Also zuerst @.bundeswehrInfo folgen und danach einigen etablierten Medien, dabei eher aus der konservativen Ecke und nicht zu viele Follows auf einmal.
Zeit nehmen, die große Kunst, abwarten zu können und auf den richtigen Moment zu warten. Nicht anders als in einer "echten Obs". :-)
Randbemerkung: Natürlich ist es von erheblichem Vorteil, interne Kenntnisse der Polizei an sich zu haben - egal aus welcher Behörde, die Hierarchien ähneln sich, die PDV etc. sind identisch, die Polizeigesetze auch vergleichbar.
Und es ist auch lustig, immer wieder mal zu hören: "Ihr solltet euren 'Saustall' mal von innen heraus aufräumen." Nun denn, das haben wir dann mal auf Twitter umgesetzt.
Wir?
Ich erwähnte bereits, einige Freund*innen und ich.
Ja, auch Polizist*innen.
Uns trieb inzwischen eine "interne Neugier". ^^
Nach der Ausgestaltung unserer Grundlegende war es nun soweit, auf erste "anbeißende" Follower zu warten. Wieder war unsere Prämisse dabei, Ruhe zu bewahren, Geduld zu zeigen und desinteressiert aufzutreten, jedenfalls öffentlich.
Mit einigen Retweets von Beiträgen konservativer Medien und Favs bei einigen kleineren Accounts, die wir als sehr agil ausmachten, die den Diskurs jedoch nicht bestimmen, sondern (zustimmend) begleiten und fördern, gewannen wir erste Follower aus dem Kreis #TeamBlau.
Wie wir es erwarteten (wir ließen unser DM-Fach bewusst für "alle" geöffnet), trafen nach einem Follow, in einigen Fällen auch davor, Anfragen ein, wie "Was machst Du, welche Dienststelle, wieso bist Du bei Twitter …?" usw.
Daher arbeiteten wir im Hintergrund, wissend um die dort stattfindende "Abstimmung" der Accounts untereinander, weiter an unserer Legende.
Ein wesentlicher Aspekt dabei war, dass unser Account ("Klaus") zuvor bereits bei FB war, aber dort in Gruppen den Tipp bekommen habe, auf Twitter würden auch Strömungen und besonders auch Einzelmeinungen außerhalb von GdP (Gewerkschaft der Polizei) und DPolG (Deutsche Polizeigewerkschaft) Gehör finden und Diskussionsoffenheit bestehen.
Im BDK (Bund Deutscher Kriminalbeamter) konnte "Klaus" als Quereinsteiger bei der Schutzpolizei keine "sozialpolitische Heimat" finden, die beiden großen Gewerkschaften erschienen ihm allerdings "zu satt" und "nicht kämpferisch" genug.
"Klaus" suchte (via DM-Kontakten) nach Alternativen, die Individualismus aufgreifen und fördern könnten. Und "Klaus" wusste bis dahin nichts über "Freie Wahlbündnisse" und "unabhängige Personalvertretungen" und ähnliche Gruppierungen.
Kurz: "Klaus" war auf der Suche. Nach Anschluss und Verstandenwerden.
Es zeigte sich, dass zuerst kleine bis mittelgroße Accounts (20 - 250 Follower) auf "Klaus" aufmerksam wurden, ihm folgten und dabei (via DM) "abcheckten".
Ungefähr nach den ersten 10 bis 15 Followern kamen größere Accounts von Einzelpersonen (500 - 3000 Follower) hinzu.
Nun folgten auch die ersten Schlossaccounts bei "Klaus" und es trafen vermehrt Accounts ein, die sich als "Polizeiunterstützer" bzw. "Sympathisanten" definieren ließen.
"Klaus" blockte niemanden und komischerweise wurde er in seiner kurzen Existenz auf Twitter weder von Bot-, noch von Pornoaccounts entdeckt.
Bei allen Accounts, die ihm folgten, folgte er auch zurück. Darüber hinaus griffen wir bei unseren eigenen Followervorlieben für unser "U-Boot" ab ca. 15 Followern gern auf die Twitterempfehlungen "Wem folgen?" zurück.
Kurz vor seiner "Abschaltung" folgte "Klaus" ca. 150 Accounts und hatte ca. 60 eigene Follower in etwa DREI WOCHEN "Aktivität" gewonnen - ich erinnere: "Aktivität" wurde dabei als "gelangweiltes Abwarten" ausgeführt.
"Klaus" schrieb übrigens nur ca. 300 Tweets, dabei meistens Replies auf andere.
WIR WAREN DRIN - perfekt!
Erstaunlich, es war wirklich sehr leicht, das überraschte uns. Es verhält sich also tatsächlich so wie Cops gern behaupten: "Auch Mensch!" - Leute mit Schwächen eben und ihrer jeweiligen "Archillesferse". :-)
Von den ca. 60 Accounts zeichneten sich viele durch einen direkten Polizeibezug in der Bio aus, wie "Polizist", "TBL", einem "Polizei-Emoji" oder einem Bezug zu "KggP" (Keine Gewalt gegen Polizisten e. V.) - gesamt ca. 75%.
Bei den beiden Followergruppen waren auch die jeweiligen Timelines von "polizeilichen Themen" geprägt - teilweise kommentiert, aber auch bewertend bzw. häufig (wenn es um diskutierte polizeiliche Maßnahmen ging) auch verteidigend und erklärend.
An der Stelle MUSS erwähnt werden, dass nicht alle diese Accounts unisono in eine grundsätzliche Rechtfertigungs- und Abwehrmasche verfielen, sondern ein großer Teil tatsächlich versuchte, aus Sicht von Einsatzkräften zu erklären, aber oft in einem Ton und mit einem Auftreten, das einen absoluten "Rechthabeanspruch" durchscheinen ließ.
Oft sind durch dieses "Rechthaberische" aus unserer Sicht Möglichkeiten vertan worden, Laien und manchmal nur neugierig Hinterfragenden Hintergründe polizeilicher Maßnahmen, besonders zu Einsatztaktiken und -techniken zu erläutern.
Ein wesentlicher Aspekt hierfür dürfte allerdings auch in der Tatsache begründet sein, dass es Polizist*innen in DE grundsätzlich verwehrt ist, öffentlich "aus dem Nähkästchen zu plaudern", also teilweise dem Geheimschutz unterliegende Kenntnisse in die Welt zu posaunen. Im Übrigen besteht natürlich die Regelung, dass die Öffentlichkeitsarbeit durch dazu autorisierte Stellen, also Pressestellen und Social-Media-Teams zu gewährleisten ist.
Uns fiel NICHT ein einziges Mal auf, dass Cops, deren Accounts wir lasen und in unsere Bewertung einfließen ließen, öffentlich gegen entsprechende "Schweigegebote" verstoßen hätten.
Zurück zu unserer Legende: Es galt, diese weiter zu festigen.
"Klaus" retweetete und favte nun gern "lokalen Content" aus dem Ruhrgebiet, natürlich gern Sachen zu "seinem Verein" (Schalke) und Polizeimeldungen der @.bpol_nrw, der @.polizei_nrw_do und der @.polizei_nrw_ha.
Während "Klaus" öffentlich ein starkes Interesse an Zugang zu einer Auslandsverwendung zeigte und sich dabei besonders für eine Verwendung im Rahmen der Mission "Frontex" interessierte, war er in seinen DM-Aktivitäten darum bemüht, eine weitere "menschliche Schwäche" von Cops auszunutzen - deren Bedürfnis, Fragen beantworten zu können, ohne in Frage gestellt zu werden.
Wer mag es nicht, wenn sein Rat gewünscht und huldigend anerkannt wird? :-)
Cops mögen Erklären, Cops mögen Berichten, Cops mögen, wenn jemand ihnen zuhört.
Es war sehr einfach, ihr Vertrauen zu gewinnen, einfach durch "Zuhören", aufmerksames Mitlesen und eine leicht verhaltene Neugier.
Vorsicht Falle: "Klaus" fragte seine Gegenüber nie direkt nach deren Herkunft, Dienststelle und andere persönliche Informationen.
Diese Informationen erhielt er auch ganz leicht durch eine Variation des Social Engineering - "Kennst Du jemand, der mir dazu mehr sagen kann?"
"Klar, frag mal *** {Klarname & Accountname}, der ist schon lange bei *** {Dienststelle} …"
Soweit das angewandte Prinzip.
Großen Zuspruch erhielt "Klaus", als er durch einen "polizeikritischen" Account ("zufällig") als neuer Stern am blauen Himmel benannt und somit subtil zum Blocken empfohlen wurde.
Blockempfehlungen von Polizeikritikern sind Trophäen. :-)
Das war ein Ritterschlag und bescherte unserem Account auf einen Schlag eine zweistellige Anzahl neuer Follower.
Auch bei denen stellte sich "Klaus" als unerfahren auf Twitter vor, es sei alles ganz spannend, aber sehr verwirrend für ihn.
Cops nehmen gern an die Hand, sie führen und vermitteln gern, wo es lang geht. :-)
Neben Fragen nach "technischem Twittersupport" ließ sich "Klaus" durch seine Follower auch bereitwillig thematisch einweisen. Per DM, besonders aber auch in Replies schmierte er den "alten Hasen" gerade bei dienstlichen Themen Honig um den Bart und äußerte sich anerkennend über deren Erfahrung.
Neben dem Kommentieren aktueller Themen, die über Medien oder entsprechende große Akteure auf Twitter aufgebracht werden, beschäftigen sich Cops gern mit sich selbst. Sie betonen oft, dass sie "hier privat" seien, aber schreiben mit oder ohne Hashtag oft "aus dem Dienst".
Um einige der berichtenden Accounts herum haben sich treue Groupies versammelt, die zuverlässig ALLES faven, was ihr Idol schreibt, jedes Wehwehchen mit einem "Oh weh!" kommentieren und für jede noch so kleine Herausforderung "Alles Gute und viel Kraft!" wünschen.
Alles in allem: Die #CopBubble funktioniert genau wie andere "Interessengruppen" auf Twitter, allerdings mit dem Unterschied, dass Cops trotz ihres "hier privat" stets ihren Beruf hervorheben. Sei es aus Stolz oder sei es aus Eitelkeit.
Dass Cops sich bei Geschehnissen ein "Passt auf euch auf!" und "Kommt gut nach Hause!" wünschen, statt nach außen vielleicht eher ein "Wir passen auf euch alle auf, dafür sind wir da!" zu vermitteln, ist bei all dem nur noch schmückendes Beiwerk.
Auffällig fanden wir bei unserer kurzen Überblicksbetrachtung allerdings den Umstand, dass sog. #Copaganda nur von "offiziellen" Accounts in die Welt gesetzt wird und bei den kleinen bis mittelgroßen Accounts zwar auf Zustimmung stößt, aber nicht den starken Support von dort erfährt, den wir erwarteten.
Dass positiv berichtende Pressebeiträge zustimmend begleitet werden, gehört natürlich dazu.
Ein bis zwei zu zahlreichen und eher skeptisch zu betrachtenden Geschichten neigende (private) Accounts runden das Bild jedoch passend ab.
Sowohl die ein gutes Bild der Polizei als solche und ihrer Beschäftigten als Akteure zeichnenden Beiträge als auch die (von offiziellen Stellen) offen verbreitete #Copaganda werden weniger von #TwitterCops selbst als vielmehr durch eine große Schar "Fanaccounts" befördert.
Unser "Klaus" befand sich während seiner kurzen Existenz auf Twitter mit ca. 20 seiner Follower in intensivem Austausch. Wie es bereits eingangs erwähnt und unsererseits auch erwartet wurde, vorrangig via DM.
Wir konnten weder in öffentlichen Beiträgen noch in DM Unterschiede ausmachen in Bezug auf mitgeteilte oder aus den TL ermittelbare politische Einstellung oder das erkennbare Geschlecht der Schreibenden oder auf das ausgeübte Amt. Im Gegenteil, dienstliche Amtsfolgen scheinen jedenfalls auf Twitter nachrangig.
Cops are Cops!
Verwundert waren wir über die sehr schnelle "Ansprache" unseres Accounts durch zwei bis drei Verschwörungsideologien zugänglichen Accounts, die uns folgten und versuchten, auch in unserer TL entsprechende Inhalte (auch aus Richtung "Reichsbürger") unterzubringen.
Es scheint eine ausgeprägte Affinität dieser Accounts zu Accounts von Cops auf Twitter zu bestehen, wir konnten aber NICHT feststellen, dass sie bei ihren "Zielobjekten" Fuß fassen würden, jedenfalls nicht schnell.
Über seltenes Geplänkel miteinander hinaus stellten wir KEINE gefestigten Verbindungen zwischen derartigen Accounts und Cops auf Twitter fest.
Ebenso wenig bemerkten wir weder öffentlich noch in DM tatsächlich reaktionäre, radikale oder gar extremistische Beiträge. Einiges an Themen tendierte offen wie in DM in Richtung einer "liberalen" bis "stark konservativen" Einstellung.
Selbst bei sich als "liberal" bis "links" definierenden Cop-Accounts herrschte ein absolutes Verständnis für #CopCulture als Staatsmacht, als Rechtsdurchsetzer, als gegeben und notwendig und nicht veränderbar vor.
Von diesem Gemenge "abgesondert" wurden jedoch nach Reform und Modernisierung der Polizei (als Organisation) in Struktur und Ausrichtung strebende Gruppierungen und deren "Frontleute".
Cops mögen keine Veränderungen.
Veränderer machen Hexenwerk, das darf nicht sein.
Unser "Klaus" hatte noch einen anderen Grund für seine Legende, er komme aus NRW. Dort finden nämlich gerade Personalratswahlen statt und eine Untergruppierung eines relativ neuen Berufsverbandes tritt dort an. "Klaus" war ja schließlich auch auf der Suche nach Alternativen zu den großen Verbänden.
Es gab bis dahin eine ausgewogene Einigkeit in der von "Klaus" besuchten #CopBubble: Der "Feind" kommt aus den eigenen Reihen, und zwar aus der progressiven Ecke, die sich auch politisch positioniert. Und wenn man dies an Personen festmachen wollte, waren zwei ganz klar im Visier. Einer, der sehr engagiert eine auch politisch agierende Vereinigung aufbaute und der sich sehr offensiv in den Medien präsentierte; und eine andere, die unserer ausgesuchten #CopBubble sehr genau "auf die Finger schaute" und jeden noch so kleinen "Schrittfehler" für kurze Kommentare nutzte.
Zu den "Feinden im eigenen Korps" gesellten sich verständlicherweise polizeikritische Journalist*innen und recherchierende Aktivist*innen, denen aber im Allgemeinen nur pöbelnd unter ihre jeweiligen Beiträge gerotzt wurde.
Nahezu väterlich zusammengehalten wurde die Bubble von einem Journalisten und Autor aus Hamburg, der in letzter Zeit den Taktstock jedoch ruhiger führte, da immer mehr autonome Frontstars auf der Twitterbühne erschienen.
Ein anderer etablierter und mittelgroßer Account fand (wir hatten das nicht erwartet) zwar großen Zuspruch aus der Fanbase für seine massenhaft produzierten Memes und seine steten Feierartikel (einer der größten Verfechter von Symboliken wie #TBL übrigens), wurde jedoch in detailverliebten inhaltlichen Diskussionen kaum wahrgenommen, dabei selten beteiligt und brachte sich auch kaum selbst ein.
Ganz anders der seit Anfang 2018 auf Twitter aktive Berufsverband. Dieser fügte sich in das bestehende Gefüge der Bubble aus einzelnen Usern zwar ein, vermochte es jedoch nie, eigene Themen einzubringen, die Diskursführung zu übernehmen oder Richtungen zu dominieren - mit einer Ausnahme: Polemik!
Überhaupt zeigte sich in der von uns besuchten #CopBubble nämlich sehr schnell und ebenso eindeutig, dass z.B. sozial- oder haushaltspolitische Themen keine ernsthafte Erörterung unter den Akteuren fanden, kurz: Gewerkschaftliche Kernthemen wurden nicht bzw. nur sehr selten diskutiert.
Dafür wurden Allgemeinplätze umso lautstärker besetzt, es mangele an Respekt, die Bezahlung sei mies, die Gewalt gegen Einsatzkräfte nehme zu.
Begleitet wurde dieses Schlagwortstakkato innerhalb der Bubble von einem Chor aus Jammern und Wehklagen, Lösungsansätze hingegen, egal ob konstruktiv oder auch völlig verrückt und neu, gab es nicht.
In diesem "Klima des Negativen" fand auch der erwähnte Berufsverband schnell Gehör und Zustimmung. Sofern sich dessen Vertreter in früheren Zeiten aber wirklich mal auf Themen einer Interessenvertretung (versuchsweise) bezogen und eigene Aktivitäten darzustellen suchten, ebbte der Applaus schnell ab.
Sei es, weil die Ideen und Vorschläge dieses Verbandes vielleicht noch unausgegoren waren; sei es, dass es zu sehr wie die Wahrnehmung dezidierter eigener Interessen seitens dessen Mitglieder mittels des Verbands aussah; sei es, weil er schon früh in seiner Öffentlichkeitsarbeit den Tenor darauf legte, "Schuldige" zu finden und anzuklagen, statt konkrete Lösungsansätze zu erarbeiten und Konzepte vorzulegen. Es kam, wie es wohl kommen musste, mensch hätte es vorhersehen müssen: Jedenfalls auf Twitter erlangten die Vertreter des Verbandes schnell einen sehr eindeutigen, allerdings negativen Ruf.
Soweit die von uns besuchte #CopBubble dem Account des Verbandes und seiner einzelnen Funktionäre in dessen polemischen Angriffen und Übergriffen gegen die oben benannten "Feinde aus den eigenen Reihen" beitraten, diese favten, zustimmend und fördernd kommentierten und eine diskursfeindliche Grundstimmung anheizten, die jeden Ansatz von institutioneller und an konkreten Geschehnissen angesetzter Kritik abprallen lassen sollte, so schnell distanzierten sich dann jedoch die einzelnen Vertreter der Bubble auch eindeutig, als ein Vertreter des Verbandes dessen Außendarstellung im Alleingang übernahm und nahezu diktatorisch gegen alle und jeden wetterte, die sich kritisch mit dem Verein und seinem öffentlichen Gebaren auseinandersetzten.
Auf Twitter widersprechende Personen wurden auf teilweise sehr unangenehme Weise öffentlich angegriffen, es wurde durch Vertreter des Berufsverbandes deren persönliches Umfeld ausgeleuchtet und öffentlich breitgetreten, Beleidigungen, Verleumdungen, öffentlicher Verriss von Menschen, die sich dem Verband "in den Weg stellten", wurden zum Hauptthema der Timeline des Berufsverbandes und eines seiner Funktionäre.
Als sich im Frühjahr 2021 die Schlagzahl entsprechender An- und Übergriffe massiv erhöhte, setzte plötzlich und sehr schnell eine bemerkbare Art des "Umdenkens" in der #CopBubble ein. Es entstand der Eindruck, dass deren Vertreter, die bisher nahezu blind am Applaudieren waren, weil doch "jemand endlich mal sagte, was sie alle dachten", plötzlich aufgeweckt worden zu sein schienen. Sie dachten über das Bild ihres Berufsstandes und dessen nun ins Lächerliche und Unfassbare gezogenen Ansehens nach.
Das war für uns bei unserer kleinen Aktion mit Abstand die interessanteste und überraschendste Wahrnehmung.
Der Autor aus Hamburg korrigierte eigene, vorschnell abgegebene Unterstützerbeiträge für den Verband nun selbst auf Twitter, er hätte "zunächst nicht genau gelesen", was den Redakteur des Verbandsaccounts dann offenkundig ratlos zurückließ.
Der wiederum schoss sich nun massiv auf bestimmte Journalist*innen und Autor*innen auf Twitter ein.
Anfänglich war der Tenor in der Bubble noch einheitlich: "*** ist selber Schuld, da sie gegen jeden austeilt!", "*** ist ein linker Schmierfink, der die Polizei hasst!".
Der Eindruck wechselte, als der Verbandsfunktionär mit einer unglaublichen Intensität und in ausgeprägt manierierter Weise seine An- und Übergriffe gegen seine nun wohl "persönlichen Feinde" fortsetzte.
Es gab ab hier weder Zuspruch noch (zustimmende) Kommentare auf seine Beiträge, einzig auf Twitter als konservativ, national-patriotisch bis rechts ausgerichtete Accounts (darunter auch größere), die sich als Befürworter einer "starken Polizei" darstellen, sonst aber eigene (rechtspopulistische) Interessen verfolgen, stimmten ins übergriffige Polemisieren ein.
Die ersten zwei bis drei Accounts aus der #CopBubble schrieben nun öffentlich, dass das gezeigte Gebaren "peinlich" sei und äußerten scharf ihren Unmut, dass dieses Auftreten "das Ansehen der Polizei massiv" schädige. Es mache viel Aufgebautes kaputt und sei daher kontraproduktiv.
Moderate Cop-Accounts auf Twitter nahmen Distanzierungsäußerungen auf, stützten sie und erklärten sich entsprechend selbst.
Die "personifizierten Feinde" des Verbandes agierten selbst reaktionär auf die Entwicklung, es gipfelte in einem Anti-Hashtag den Berufsverband betreffend auf Twitter, womit dieser erst Recht im Rampenlicht stand.
Es setzte ein wechselseitiges Blocken in der Bubble ein, ausgehend vom Account des Berufsverbandes. Dessen Funktionär wandte sich nun gegen die "Verräter aus den eigenen Reihen".
Und "Klaus"? Er hielt sich raus.
Wie er sich bereits (auch wegen seiner Legende) vorher nicht positionierte, stellte er sich hier dumm, tat überrascht und verstand nicht, was da gerade geschah.
Die Resonanz der sich öffentlich bereits distanzierenden Cops spiegelte sich auch - mit etwas deutlicherem Tonfall - in den entsprechenden DM wieder. Teilweise wurden im DM-Bereich nun auch kleinere "Chatgruppen" eingerichtet, in denen dem Schreck über die eingetretene öffentliche Entwicklung Platz eingeräumt wurde.
Es wurde Zeit, zu gehen!
Der sich bislang völlig raushaltende "Klaus" zündete noch eine kleine Versuchskerze, indem er in der nun auf Twitter sehr hitzigen Stimmung um den Berufsverband herum bei diesem anfragte, wie er Mitglied bei deren Unterorganisation in NRW werden könne.
Statt jedoch von den angeschriebenen Accounts Antworten zu erhalten, mischte sich in jeden Tweet der bereits öffentlich weitläufig bekannte Funktionär des Berufsverbandes ein, keinesfalls aber interessiert, sondern eher herablassend.
Es machte keinen Sinn und war unnötig, da noch Interesse zu heucheln.
Zudem war unser "Klaus" nach ca. drei Wochen Twitteraktivität in der #CopBubble völlig "ausgebrannt" angesichts des "toxischen Contents", in Tweets wie ähnlich tenoriert in DM.
Diese Cops auf Twitter sind mit sich selbst beschäftigt, sie eint eine grundnegative, pessimistische Einstellung, sie fühlen sich unverstanden, ungehört, unvertreten. Das Anbringen konstruktiver Kritik, kreativer Optimismus, das Bedürfnis, sich aufzuraffen und gegen "den eigenen Schweinehund" anzugehen, scheinen völlig zu fehlen.
Der "interne Diskurs" in dieser Bubble ist resignierend, ätzend, zerstörerisch, depressiv, geprägt von Jammern, Wehklagen, Unverständnis über öffentliche Reaktionen, gepaart mit Selbstbeweihräucherung und einem Haltsuchen in Symboliken und überkommenen Traditionen.
Ein abschließendes Resümee:
#TeamBlau auf Twitter, das sind Menschen, solche, die tatsächlich versuchen, "gegen die da draußen" anzugehen, die auch erklären wollen - leider oft in falschem Ton mit falschem Vorzeichen, geprägt von eigenem Frust, häufig missverstanden.
#TeamBlau bei Twitter ist empfänglich für radikale, (rechts-)extremistische Ideen, für rechtspopulistische, Cop-Frust aufgreifende, Verständnis heuchelnde Populisten jedenfalls.
Wir haben während #CopObs aber KEINE grundreaktionären Tendenzen bei den Beteiligten erkannt.
Und "Klaus"? Er ist raus.
Im RL ist er nun Mitglied eines neuen Berufsverbandes geworden, von Twitter hat er die Schnauze voll.
Wir übergeben an "Jens", "Sven", "Thomas" und "Irina" - nette Cops, die unbefangen neue Kontakte & "Bärenführer" auf Twitter suchen.